Nach den Bäumen umarmt Söder jetzt Frauen

Wie grün

Der Bajuware Frauenversteher

Man kommt kaum mit, wenn man registrieren wollte, wie grün sich Markus Söder präsentiert. Als Bäume-Umarmer, als Bienen-Retter, als Frauenversteher. Bei der Frauenförderung hat der bayerische Ministerpräsident seine CSU noch lange nicht so weit, wie er sie gerne hätte. Der letzte Parteitag zeigte Söder die Grenzen für seinen Modernisierungsdrang auf. Seit neuestem fordert Söder mehr Frauen in den Vorständen der DAX-Unternehmen. „Ich bin für die Frauenquote“, sagte er bei einer Veranstaltung der „Zeit“. Seine Begründung: „Es gibt hochqualifizierte Männer und Frauen in unserem Land und genauso viele Frauen wie Männer, die diese Jobs locker machen können.“

Dass Grüne und Sozialdemokraten jubeln, wenn ausgerechnet der CSU-Chef ihre Forderungen übernimmt, versteht sich von selbst. Freilich segelt die CDU/CSU schon seit längerer Zeit vor dem feministischen Wind. Bereits die letzte Große Koalition hat 2015 eine 30-Prozent-Frauenquote für die Aufsichtsräte der DAX-Konzerne beschlossen. Die Rechnung der Wirtschaftspolitiker in der Union, auf diese Weise eine ähnliche Vorstandsquote verhindern zu können, ging freilich nicht auf. Im Gegenteil: Weil es bei den Aufsichtsräten so schön geklappt hat, wollen die links-grünen Quoten-Fans mit Unterstützung von „Modernisierer*innen“ aus der Union noch mehr. Und Söder setzt sich jetzt an die Spitze der Bewegung.

Söder springt auf

Es darf bezweifelt werden, dass Söder von morgens bis abends darüber sinniert, wie man mehr Frauen in Spitzenpositionen bringen kann – und zwar auch gegen den Willen der Eigentümer von Unternehmen, also gegen den Willen der Aktionäre. Dem Strategen aus München geht es wohl mehr um die Wirkung solcher von den Mainstream-Medien kräftig unterstützten Forderungen – für seinen Ruf, für das Image der CSU und – vorsorglich – für mögliche Koalitionsverhandlungen mit den Grünen nach der nächsten Bundestagswahl. Mit einem angegrünten Söder täte sich die Öko-Partei sicher leichter als mit einem, der es wagt, sich beim Thema Quoten gegen den medialen Zeitgeist zu stellen.

Ohnehin ist die Frauenquote ein Thema, das außerhalb der politisch-publizistischen Blase nicht gerade auf brennendes Interesse stößt. Jedenfalls ist nicht bekannt, dass die Frauenquote in DAX-Aufsichtsräten Verkäuferinnen und Pflegerinnen, Reinigungskräfte und Sekretärinnen, Erzieherinnen und Lehrerinnen in Glückszustände versetzt hätte. Ob sich die Mitarbeiterinnen in den Quoten-Unternehmen heute glücklicher fühlen als vor ein paar Jahren? Werden Frauen in Quoten-Unternehmen inzwischen besser bezahlt oder stärker gefördert? Sind die Umsätze und Gewinne der von mehr Frauen beaufsichtigten Unternehmen stärker gewachsen als in mehr oder weniger frauenlosen Gesellschaften? Hat also die ganze Volkswirtschaft davon profitiert, dass heute mehr Frauen in Aufsichtsräten sitzen als vor ein paar Jahren? Die Tatsache, dass es auf diese Fragen keine empirisch untermauerten Antworten gibt, spricht für sich selbst.

Wie der Wind weht

Der junge Söder hatte ein Idol: Franz Josef Strauß. Von dem stammt der Satz, konservativ zu sein, heiße „an der Spitze des Fortschritts zu stehen.“ CSU-Übervater Strauß zitierte aber auch gerne Kierkegaard: „Wer sich mit dem Zeitgeist vermählt, ist schnell verwitwet.“ Der potenzielle Kanzlerkandidat Söder will wohl an der Spitze des vermeintlichen Fortschritts marschieren. Nur sollte er eines bedenken: Wenn unsere Wirtschaft erst einmal feministisch quotiert ist, wird der Ruf nach einer Migrant*innen-Quote nicht lange auf sich warten lassen. Andere Quoten sind ebenfalls denkbar, für Ostdeutsche etwa oder für Behinderte. Auch dafür gäbe es publizistischen Rückenwind.

Aber vielleicht handelt Söder ganz flexibel nach dem Motto: Kanzler first, Witwer second.


Autor: ©Dr. Hugo Müller-Vogg

Weitere Artikel