Blaulicht in der Rotlicht-City

Auch unzählige Schwachstellen

Leben und Sterben in Frankfurt

Frankfurt gilt als eine der modernsten und reizvollsten Städte Deutschlands. Aber: Die Mainmetropole hat auf der anderen Seite auch unzählige Schwachstellen. Diese Makel hat sie indes gemeinsam mit zahlreichen anderen Metropolen rund um den Globus. Eines der größten Probleme resultiert dabei aus dem Fakt, dass „Mainhattan“ geografisch in etwa in der Mitte Deutschland und damit „im Herzen von Europa“ liegt. Nicht umsonst haben die Lyriker der speziell für den Polizeichor Frankfurt geschriebenen Hymne die Worte „Im Herzen von Europa“ für das Eintracht-Lied ausgewählt. In der Tat ist es einfach, den Weg nach Frankfurt zu finden – egal, ob per pedes, per Boot, per Fahrrad, per Motorrad, per Auto, per Bahn oder aber per Flieger. Denn die „Fraport AG“ betreibt hier einen der größten Airports überhaupt, den man aktuell weniger frequentiert.

Niemand kann es daher überraschen, dass es in Frankfurt an Menschen aller Couleur, jeglicher Rasse und Religion nur so wimmelt. Das aber bedeutet auch: Nicht Jeder und auch nicht Jede hält sich mit Blick auf das eigene Tun, Treiben und Handeln an Regeln und Gesetze. Und auch nicht an die allgemeine Vernunft; denn zu viele handeln nach eigenem Gutdünken – und das oft zum Leid der Mitbürger. Mit dieser Serie stelle ich einige der mir positiv und negativ aufgefallenen Verhaltensweisen der sich rund um den Main tummelnden Menschen an den Pranger.

 

Auch unzählige Schwachstellen
Der Blick übers Wasser von Dribbdebach nach Hibbdebach. Foto: Udo Rettberg

 

Unsichtbare Grenzen

Hier in Frankfurt haben sie es sogar ganz gut hinbekommen, unsichtbare Grenzen zu ziehen. Während „Hibbdebach“ in der Heimatsprache der nördlich des Mains gelegene Teil ist, wird der südliche Teil wie der Stadtteil Sachsenhausen als „Dribbdebach“ bezeichnet. Die, die des Hessischen nicht mächtig sind, hier die Übersetzung: Dribbdebach heißt „auf der anderen Seite des Baches“. Drüben ist also als das Viertel südlich des Mains bekannt, das sich zuallererst mit seinen reizvollen Apfelweinwirtschaften und der Apfelsaftwirtschaft (denn die soll im Interesse der Anti-Alkoholiker nicht unerwähnt bleiben) einen Namen gemacht hat. Hier schlägt am vielseitigen und pulsierenden Museumsufer allerdings auch das kulturelle Herz der Stadt. Sachsenhausen, also „Dribbdebach“ das ist auch, aber längst nicht mehr nur „Meterbier“ und „Partymeile“, sondern inzwischen auch modernes Einkaufszentrum und beste Wohnlage.

Und dieses Frankfurt hat mehr Ordnung und ein klares Regel- und Gesetzeswerk verdient. Mit Blick auf die Kommunalpolitiker sage ich an dieser Stelle deutlich: Es sollte vermehrt konsequent und vor allem stärker durchgegriffen und für Ordnung gesorgt werden – im Interesse der Mehrheit der Bürger. Denn auch „Gutmenschen“ haben das Recht davon zu profitieren, dass sie eben Gutmenschen sind. Und zwar auf den Straßen, den Gehwegen, und Freiflächen. Wer versagt – gewollt oder ungewollt – beim dem muss das Verursacherprinzip stärker greifen. Wer sich blödsinnig verhält, muss bestraft werden – gerade in Pandemie-Zeiten. Jetzt aber zu den jüngsten Beobachtungen und der Aufforderung an den OB: Peter, schick Deine Leute auf Beobachtungstour und dann auf Sünder-Jagd.

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Elf Ordnungswagen, knapp 30 Polizisten und zwölf „Helden“

Es ist nicht das erste Mal, dass ich auf meinem Weg zum Büro in der Frankfurter Innenstadt lautes, hysterisches Geschrei junger Menschen höre. Verstehen kann ich den Inhalt des hysterischen Streits heute nicht, weil die Schreie an der Hauptwache nicht in Deutsch erfolgen. Durch die trotz Corona eng gedrängte Menschenmenge sieht man dann zehn bis zwölf junge dunkelhaarige Männer über die Straßen und Gassen „jagen“. Zwischendurch kommt es zum Halt und zum Aufeinanderprallen der Typen. Die Fäuste werden geballt und fliegen letztlich auch – es kommt zu wüsten Schlägereien. Viele Menschen versuchen auf ihrer Einkaufstour hier auf der Zeil – einem der Top-Einkaufsmeilen in Europa -, dem Chaos aus dem Wege zu gehen.

Nicht allen gelingt es. Männern und Frauen, die mit ihren Kindern unterwegs sind, geraten in Verzweiflung. Doch nur etwa 3 Minuten später nach dem ersten Geschrei kündigt sich mit Blaulicht der erste Streifenwagen der Polizei an – nur 9 Minuten später sind weitere elf (!!!) Wagen eingetroffen. Die Lage hier am Übergang von Hauptwache und der Einkaufsmeile „Die Zeil“ hat sich inzwischen ein wenig beruhigt; denn die zuvor brutalen Schläger sind von den zuerst eintreffenden Polizistinnen und Polizisten gestellt worden, ihre Namen wurden polizeilich festgehalten. Wer aber an dieser Stelle meint, die Täter würden auf die Wache gebracht und erst einmal zur Raison gebracht, der irrt gewaltig.

Das ist zumindest heute so

Vor kurzem war das anders, als einige wild um sich schlagende „aggressive Schreihälse“ im Rotlicht-Milieu in Bahnhofsnähe hier in Frankfurt von Blaulicht-Ordnungshütern abgeführt wurden. Auslöser für aggressives Verhalten sind oft unbedeutende Ereignisse im Multi-Kulti-Mix der Großstadt – wie nationale Rivalität. Heute bleibt es offensichtlich nur bei der Ermittlung der Personaldaten. „Wer bezahlt das hier eigentlich alles“, will eine ältere Frau wissen und ergänzt „….ich meine diesen enormen Polizei-Einsatz, kostet der denn nix?“ Klar, auch der kostet Geld … Ich kann ihre Frage konkret aber nicht beantworten, mache mir aber so meine Gedanken.

Meine Schwester würde sagen: „Klar, wir alle bezahlen das – zumindest indirekt; denn schließlich sind wir der Staat – Du und ich!“

Ordnungshüter – zehn andere Autos befinden sich außerhalb des Bildes. Foto: Udo Rettberg
Ordnungshüter – zehn andere Autos befinden sich außerhalb des Bildes. Foto: Udo Rettberg

 

ANGST VOR DEM JOB-VERLUST

Nicht gerade wenige Menschen hat es an diesem Mittwoch nach „Mainhattan“ getrieben. Aus mehreren deutschen Städten sind sie der Einladung von Gewerkschaften gefolgt – auch aus der niedersächsischen Hauptstadt Hannover hat es sie nach Südhessen getrieben, wie das 96-Logo auf zahlreichen Shirts zeigt. Viele Gewerkschafts-Vertreter aus Frankfurt sind andererseits in den SGE-Farben hier im „Herzen von Europa“ erschienen. Eine neue Fan-Freundschaft zwischen Hannover 96 und der SGE Eintracht Frankfurt gab es nach meinen Beobachtungen indes nicht. Besonders auffallend waren die Gewerkschafter von Continental, die mit einigen interessanten und textlich anspruchsvollen Spruchbändern auf sich aufmerksam machten.

Der Widerstand galt nicht nur den Kündigungs-Plänen des Reifenherstellers, sondern erstreckte sich auf den Straßen in der Frankfurter Metropole auch gegen die Gesamtpläne der „Deutschland AG“ und die „Dummheit der Regierungen“ – sehr lautstark und emotional aber letztlich doch friedlich. Und das alles meist mit dem im Corona-Zeitalter notwendigen Abstand und dem Tragen von Masken. So wie es in diesen irren Zeiten sein sollte. Von der Hauptwache aus ließen sich die Protestanten den kurzen Weg zur Börse treiben, wo zunächst Bull & Bear im Fokus standen. Das Ziel der Demonstranten hieß indes: „Umzingelung der Börse“. Mit Spruchbändern wie „Danke für nix“ machten einige Mitstreiter auf sich aufmerksam.

Und natürlich mussten „die Kapitalisten“ in den Kommentaren und teils fragwürdigen Sprüchen wieder einmal als Feindbild herhalten. Dass die Aktie von Knaus Tabbert an diesem Tag erstmals an der Börse notiert wurde, ging in diesem Trubel vor dem Börsengebäude fast unter.

Die Gewerkschaften verschaffen sich Gehör. Foto: Udo Rettberg
Die Gewerkschaften verschaffen sich Gehör. Foto: Udo Rettberg

 

UNHALTBARE ARBEITSBEDINGUNGEN

Und wie es der Zufall so will, werde ich kurze Zeit später auf der Zeil direkt mit dem aktuellen Fall eines Arbeitsplatz-Verlustes konfrontiert. „Sie schauen so verschreckt“, spreche ich eine mir bekannte Mitarbeiterin eines dort ansässigen Cafés an. „Keine Sorge, mir geht’s gut“, antwortet sie lächelnd. „Hab nur gerade vor wenigen Sekunden meine sofortige Kündigung erhalten.“ Sie empfindet es nicht als sooo schlimm, weil sie eh bald ihr Studium fortsetzen wird. Aber sie gibt dann auf der anderen Seite auch wenig traurig zu: „Ich kann es trotzdem nicht so ganz verstehen. Aber nun gut – die Arbeitsbedingungen hier waren eher unmenschlich und eine Katastrophe.“ Ob das auch die Besucher des Cafes wissen?

Und wie es der Zufall will, erscheinen kurze Zeit später drei Polizisten in Uniform in diesem Cafe und sprechen „geheimnistuerisch“ den Chef an. Es geht, so kann ich erlauschen, um eine Person, die früher offensichtlich hier in diesem Cafe gearbeitet hat. Mehrmals fällt der Name Pedro, die Polizisten machen sich einige Notizen, stellen auch Fragen an die Mitarbeiter und machen sich nach etwa 25 Minuten wieder auf den Weg.

 

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DIE BETTEN BLEIBEN LEER

Dass die Furcht der Arbeitnehmer vor einer weiteren dramatischen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage im Lande und einer steigenden Zahl von Arbeitslosen durchaus berechtigt ist (und zwar nicht nur in Deutschland), wird nicht nur durch die teils katastrophalen Verhältnisse im Tourismus und in der Hotelbranche bestätigt. Wer in diesen Tagen über den Holbein-Steg in Frankfurt wandert, dessen Blick dürfte unweigerlich auf das Hotel Intercontinental fallen. Aktuell ist das Hotel – eines der größten in der Main-Metropole – geschlossen. Und dass, obwohl viele Deutsche aktuell ihren Urlaub im eigenen Lande verbringen und dabei als einheimische Touristen ganz offensichtlich auch die Stadt Frankfurt in ihr Herz geschlossen haben. Wenn die Politiker uns tagtäglich Glauben machen wollen, dass sie die Lage im Griff haben, können das die Bürger annehmen, oder … oder sie können es lassen und laut über die Politiker-Aussagen lachen.

Aber all das ist kein Problem: Wir kreieren einfach noch mehr künstliches (Fiat) Geld oder aber akzeptieren Cryptowährungen als Ersatz für Dollar, Euro und andere Valuten. Die Welt vermittelt einen gefährlichen, ja einen explosiven Eindruck. Wann der Reset-Knopf tatsächlich endgültig betätigt werden muss, das weiß halt keiner. Denn ich befürchte, dass wir nicht umhin kommen werden, solch einen Neustart zu inszenieren. Wann das sein wird, das weiß halt keiner. Und … vielleicht ist das auch gut so.

Die Pforten geschlossen: Hotel Intercontinental am Mainufer Foto: Udo Rettberg
Die Pforten geschlossen: Hotel Intercontinental am Mainufer Foto: Udo Rettberg

 


Autor: ©Udo Rettberg Publizist / Journalist

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